Illusion der Sterne – Sternmotorattrappe im Selbstbau

Als sich der Bau seines Verkehrsflugzeugs Handley Page 42 (Modellvorstellung in MFI 7 und 8/2012) dem Ende zu neigte, beschäftigte unseren Autor Joachim Damrath eine spezielle Aufgabenstellung: Die Handley Page besitzt, wie manche andere Flugzeuge auch, offen liegende Sternmotoren. Natürlich hätte man gleich richtige Modell-Sternmotoren verbauen können, aber einige gute Gründe (man denke beispielsweise an die Kosten) hatten ihn bewogen, bewährte Einzylindermotoren als Antrieb zu wählen. Und die galt es, stilecht zu verstecken!

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Der Originalmotor Bristol Jupiter.

Also mussten passende Sternmotorattrappen her, denn ohne diese sieht das Flugzeug unvollständig aus. Da es keinerlei Motorverkleidung gibt, sind die Motoren nicht nur von vorne, sondern von allen Seiten zu sehen. Das erhöht die Anforderungen. Der Maßstab ist dabei 1 : 10, und dadurch ergeben sich vergleichsweise kleine Abmessungen. Außerdem sollten die Dummies dem Originalmotor ähnlich sehen, leicht und – da ich gleich vier davon benötigte – auch noch einigermaßen preisgünstig sein. Meine Suche nach passenden fertigen Motorattrappen verlief alles andere als erfolgreich, und so entschloss ich mich, diese selbst herzustellen.

Der Originalmotor
Der Nachbau sollte sich natürlich am Originalmotor orientieren, im Fall der Handley Page sind das vier Neunzylinder-Sternmotoren vom Typ Bristol Jupiter. Diese galten Anfang der 1930er Jahre als sehr bewährter und zuverlässiger Antrieb, also genau das Richtige für ein Verkehrsflugzeug. Sie wurden aber auch in diversen anderen Flugzeugmustern erfolgreich verwendet.

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Die Teile für einen Zylinder sind fertig zum Zusammenkleben.

Bilder des Originals sind beispielsweise im Internet nicht schwer zu finden; offenbar sind genügend Exemplare erhalten. Betrachten wir den Motor etwas genauer, so stellen wir fest, dass er sich in seiner Erscheinung durchaus von anderen Sternmotoren unterscheidet. Zunächst fällt auf, dass sich vor dem Zylinderkopf eine Box befindet. Diese enthält ein Getriebe, das die beiden oben liegenden Nockenwellen antreibt. Den Antrieb bewerkstelligen sog. Königswellen, von denen je eine mittig vor jedem Zylinder angeordnet ist. Zusammen mit einer Ölversorgung für das Getriebe ergeben sich damit drei auffällige Rohre/Wellen im Sichtbereich vor jedem Zylinder, wobei die seitlichen Ölleitungen etwas dünner sind.

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Die Zwischenstücke werden aufgefädelt und mit Alu-Sprühlack überlackiert.

Hinter der Getriebebox befinden sich zwei Nockenwellen, die über Kipphebel je Zylinder zwei Einlass- und zwei Auslassventile antreiben. Auch das ist ungewöhnlich für Motoren der damaligen Zeit. Ventile und Kipphebel liegen offen, also auch voll im Sichtbereich.

Um den Arbeitsaufwand in erträglichem Rahmen zu halten, wurde auf manches Detail verzichtet. Mit dem hier vorgestellten Verfahren können aber auch echte Scale-Motornachbildungen hergestellt werden.

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Beim Kleben wird der Zylinder durch eine Schraube mit U-Scheiben zusammengepresst. Anschließend wird ein Rundholz anstelle der Schraube eingesetzt.

Aufbau der Zylinder
Bei der Herstellung der Motorattrappe gilt die Aufmerksamkeit zunächst den Zylindern. Dabei sollten sowohl Durchmesser und Anzahl der Verrippung an das Original angelehnt sein. Beides war schnell aus den Originalfotos ermittelt und auf den Modellmaßstab umgerechnet. Die Rippen der Zylinder stellte ich aus hochwertiger dünner Pappe her; diese bekommt man im Schreibwarenhandel in zahlreichen Farben. Für die Motor-attrappe bietet sich die Pappe in Matt-Silber an; diese ist beidseitig metallisiert und weist eine ausreichende Festigkeit auf. Mit einer Lochschablone zeichnet man dann die entsprechende Anzahl Zylinderrippen auf die Pappe auf und schneidet sie anschließend aus. Mit einer kleinen gebogenen Schere geht das zügig von der Hand. Zu beachten ist noch, dass der Zylinder zum Zylinderfuß hin kleinere Rippen hat als zum Zylinderkopf hin. Es sind also zwei verschiedene Durchmesser anzufertigen. Bei anderen Motortypen können es auch mehrere Stufen sein.

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Die halbfertigen Zylinder sind zum Nachlackieren aufgereiht.

Als nächstes liegt die Anfertigung der Zylinderteile an, die zwischen den Rippen liegen und deren Abstand herstellen. Diese Teile habe ich aus Balsa gefertigt, wobei die Stärke des Balsabrettchens den Abstand der einzelnen Rippen zueinander vorgibt. Das kreisförmige Aussägen der vielen Teile mit der Dekupiersäge wäre ziemlich mühsam, deshalb habe ich diese mit einer Lochsäge gefertigt. In Baumärkten gibt es leider nur Lochsägen mit viel zu großem Durchmesser, aber eine Suche im Internet hilft weiter. Dort findet man problemlos brauchbare Sets auch mit kleineren Durchmessern zu erschwinglichen Preisen.

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So sieht das fertig gebohrte Motorgehäuse aus.

Das Aussägen geht dann mit Hilfe einer Ständer- oder auch einer Akkubohrmaschine schnell von der Hand. Es ist zweckmäßig, gleich einige Teile zusätzlich zu produzieren, da bei der weiteren Bearbeitung mit einem gewissen Bruch zu rechnen ist. Wenn der Motor etwas schwerer sein darf, ist es sinnvoll, diese Teile aus Sperrholz zu fertigen, da sie dann bruchfester sind.

Am Zylinderfuß befindet sich ein unverrippter Bereich, der einfach durch eine dickere Balsascheibe dargestellt wird.

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Überprüfen der Winkel mit eingesteckten Rundhölzern.

Anschließend werden die Rippen aus Pappe und die Zwischenscheiben mit mittigen Bohrungen versehen. Da das Anzeichnen und Bohren genau in der Mitte durchaus mühsam ist, empfiehlt es sich, hierfür Bohrschablonen z. B. aus 2-mm-Sperrholz anzufertigen, wobei man dann ohne weiteres mehrere Stücke gleichzeitig bohren kann. Der Bohrungsdurchmesser sollte so gewählt werden, dass später eine Gewindeschraube, im vorliegenden Beispiel M4, hindurch passt.

Die Zwischenstücke werden entgratet und auf einem Stab oder Stahldraht aufgefädelt, um sie silbern zu lackieren. Dazu eignet sich Lack in Alufarbe, wie man ihn beispielsweise im Autozubehör für Auspufflackierungen findet. Grundieren und glattschleifen kann entfallen, eine raue Oberfläche wirkt nachher realistisch. Das Ganze sieht irgendwie wie ein Dönerspieß aus, duftet aber besonders nach dem Lackieren ganz anders.

Auf die oben erwähnte Schraube werden nun Rippen und vorlackierte Balsa-Zwischenstücke unter Zugabe von Klebstoff (UHU-hart, Weißleim o. ä.) im Wechsel aufgefädelt. An den Enden ist jeweils eine möglichst große Unterlegscheibe (sog. Karosseriescheibe) erforderlich, damit das Ganze mit einer aufgedrehten Mutter zusammengepresst werden kann – aber nur mit mäßiger Kraft, sonst verabschieden sich die Balsascheiben.

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Fertige Zylinder, in diesem Fall für vier Motoren

Nach dem Aushärten des Klebstoffs wird die Schraube herausgedreht und der Zylinder so weit aufgebohrt, dass ein Rundholz (in diesem Fall 5 mm Durchmesser) anstelle der Schraube eingeklebt werden kann. Hierdurch erhält der Zylinder die für den rauen Flugbetrieb erforderliche Stabilität. Das Rundholz wird vorher so abgelängt, dass es unten ca. 10 mm heraussteht (siehe Bild). Jetzt muss der Zylinder noch eine Kopfverrippung erhalten. Diese kann man einfach aus durchgeschnittenen Rippen und Zwischenstücken herstellen, wobei die Segmente nach außen hin kleiner werden. Diese sind senkrecht auf den Zylinder zu kleben (wenn man es genauer nimmt, ggf. unter verschiedenen Winkeln nach außen aufgefächert). Vor die Rippen kommt beim Bristol Jupiter noch die kleine Getriebebox, die einfach aus Balsa hergestellt und mit keinen Nägeln befestigt wurde. In diesem Stadium sollte man die Zylinder nochmals von allen Seiten mit Alu-Sprühlack behandeln, vor allem um die Schnittkanten der Pappscheiben zu überdecken.

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Die fertige Motoreinheit mit montiertem Vierblatt-Propeller.

Bei dem hier nachgebauten Motor werden je Zylinderkopf noch vier offen liegende Ventile benötigt. Die Ventilfedern stammen aus halbierten Federn von Wäscheklammern; sicher lassen sich hier auch andere Lösungen finden, wie z. B. Federn aus Kugelschreibern. Gehalten werden diese wiederum durch kleine Nägel, die mittig durch die Federn in vorher angebrachte Bohrungen geklebt werden. Die Bohrungen dafür wurden freihändig mit einer kleinen Bohrmaschine gesetzt. Leichte Winkelabweichungen fallen später nicht auf.

brigens ein witziger Nebeneffekt: Setzt man einige Federn mit etwas axialem Spiel ein, so werden sich diese später im Betrieb infolge der Motorvibrationen hin und her bewegen. Das sieht dann tatsächlich so aus, als ob sich die Ventile bewegen.

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 11/2013 des MFI Magazins.

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