Eleganz und Dynamik – SIAI Marchetti SF-260

Voll-GfK-Modell von CARF
Die Geschichte dieses CARF-Modells ist doch etwas ungewöhnlich. Schon vor einigen Jahren begann Thomas Schmidt von Aeroflug in Hanau mit dem Bau des Urmodells im Maßstab 1 : 3. Bei Konstruktion und Bau konnte Thomas auf die Erfahrung zurückgreifen, die er zuvor u. a. mit seinem Scale-Nachbau der Zlin 526AFS (298 cm Spw.) gemacht hatte. Die Zlin, die ich selbst seit Jahren fliege, ist ihm perfekt gelungen, und die bei meinem damaligen Besuch schon fertiggestellten Urmodell-Teile der Marchetti konnten sich ebenfalls sehen lassen. Doch wie das Leben so spielt, irgendwie hatten andere Arbeiten bei Aeroflug Priorität, und das Projekt SF-260 trat in den Hintergrund.
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Da meldete kein Geringerer als Ralf Niebergall ernsthaft Interesse an dem Marchetti-Nachbau an und übernahm von Thomas Schmidt kurzerhand die bis dahin fertigen Urmodell-Teile. Ralf, den die Insider von Kunstflugvorführungen mit seiner manntragenden SF-260 auf Flugschauen kennen, hat die Marchetti in Deutschland erst richtig populär gemacht. Seit einigen Jahren tritt er auch verstärkt mit seinem Sohn Nico auf, mit dem er das Original und ein Modell im Synchronflug präsentiert. Seit letztem Jahr ist Nicos Modell die identisch lackierte Kopie der Maschine seines Vaters und stammt aus dem Hause CARF. Die Firma hatte die Urform von Rumpf, Motorhaube, Seiten- und Höhenleitwerk von Ralf Niebergall übernommen und in Thailand zum verkaufsfertigen Flieger entwickelt. Doch bevor ich hier auf das CARF-Modell, den Aufbau und – selbstverständlich – das Fliegen eingehe, erst ein kleiner Abstecher zum manntragenden Vorbild:

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Der Moki-Viertakter ist recht schnell montiert.

Das Original
Die SIAI Marchetti SF-260 wurde ursprünglich bei Aviamilano von Ingenieur Stelio Frati als F-260 entworfen. Das kleine Ganzmetallflugzeug war als Sport- und Reiseflugzeug sowie als Kunstflugtrainer ausgelegt. Der Erstflug fand am 15. Juli 1964 statt. Bei Aviamilano wurde das Flugzeug jedoch nie in Serie gefertigt. Erst als die italienische Firma SIAI-Marchetti die Lizenz erhielt, startete die Produktion der Maschine, die nun die Typerbezeichnung SF-260 trug. Dabei steht das S für SIAI und das F für den Designer Frati.

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Zusätzliche Kühlluftöffnungen sind Pflicht!

Charakteristisch für das schnittige und unverwechselbare Erscheinungsbild der SF-260 sind die so genannten Tip-Tanks an den Flügelenden, das im Flug eingezogene Fahrwerk und die voluminöse Kabinenhaube. Zuerst machte sich die SF-260 einen Namen als Reiseflugzeug und Pilotentrainer bei einigen Airlines. Der Typ SF-260M, die Militärversion des Dreisitzers, verhalf der Firma SIAI-Marchetti ab 1970 zu einer bemerkenswerten Ausweitung der Produktion. Die M-Version wies wichtige strukturelle und aerodynamische Weiterentwicklungen auf, von denen viele in die späteren Zivilversionen übernommen wurden. Durch diese Modifikationen erfüllte der Trainer nun alle Anforderungen, die das Militär und die Kunstflugpiloten an das Flugzeug stellten. Dass selbst die Ausrüstung mit Waffenträgern unter den Tragflächen angeboten wurde, sei hier nur nebenbei erwähnt.

Eine weitere Version ist die SF-260TP – ausgestattet mit einer Propellerturbine und zertifiziert durch die italienische Luftfahrtbehörde RAI im Oktober 1993. Die letzten Bau­mus­ter mit Kolbenmotoren waren die Typen SF-260E und F. Beide waren ebenfalls für den militärischen Einsatz entwickelt worden. Von der zivilen SF-260 wurden ca. 180 und vom militärischen Gegenstück etwa 700 Exemplare gebaut. Bei den militärischen Varianten sind die Instrumente für den Flugzeugführer rechts und nicht wie allgemein üblich links positioniert.

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Die nachgearbeiteten Öffungen der Auspuffrohre.

Das Modell
Wer die Marchetti bei CARF bestellt, hat die Wahl zwischen mehreren vorgegebenen Designs bzw. einer nach seinen Wünschen individuell ausgeführten Lackierung (dem sog. Custom-Design). Auch einfarbig ist selbstverständlich möglich. Die Preise gestalten sich dann entsprechend dem Mehr- oder Minderaufwand. Die vor allen Dingen durch die CARF-Werbung bekannteste Haus-Lackierung ist die gelbe mit dem weiß-schwarzen Schachbrettmuster, dem Chequer Scheme. Der Prototyp mit diesem Outfit wurde von CARF-Europa-Manager Marc Fröhn schon auf etlichen Flugschauen eindrucksvoll vorgeführt.

duktion in der Form aufgebracht. Dies hat den Effekt, dass keine Ränder oder Stöße an den Farbkanten fühlbar sind. Die Oberfläche der GfK-Teile ist absolut glatt und nahezu makellos. Allerdings sind bei dieser Lackiertechnik systembedingt die dünnen Trennnähte der Formen sichtbar. Wollte man diese unsichtbar machen, müsste dann doch nachträglich mit Farbe gearbeitet werden. Und noch etwas: Es kann in der Form nicht jedes gewünschte Design hergestellt werden – zumindest nicht zu einem wirtschaftlich vertretbaren Preis. Da bestellt man besser das Modell in der gewünschten Grundfarbe und lackiert es selbst.

Meine Marchetti hatte ich bei Marc Fröhn im Lager Nieder-Ramstadt bei Darmstadt/Hessen abgeholt. Nach der Bestellung musste ich eine gewisse Wartezeit in Kauf nehmen, da ich ein Custom-Design wollte, und das benötigt verständlicherweise etwas Vorlauf. Eine orangefarbene Maschine bzw. die mit dem Chequer Scheme hätte ich gleich abholen können. Doch ich hatte die original D-ESIC auf dem letzten Hahnweide-Oldtimer-Treffen am Boden und im Flug erlebt, und die wollte ich! Bei CARF hat man die Lackierung anhand von Fotos nahezu perfekt nachgebildet. Auch die Symmetrie der roten Karos auf Flügel und Leitwerken wurde absolut erreicht. Ein dickes Kompliment dafür!

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Ein Blick auf den im Text beschriebenen Filter und das Servo-Montagebrett.

Die eingehende optische Inspektion der Teile zeigte, alles ist bestens und sehr weit vorgefertigt. Aus der Verpackung heraus kann man quasi das Modell komplett montieren. Alle Steckungen passen, und auch die Verdrehsicherungen an Leitwerk und Flügel sind exakt gesetzt. Höhen- und Seitenruder sind abnehmbar und mittels Hohlkehle gelagert. Landeklappen und Querruder sind über dauerelastische Gewebe-Scharniere mit den Tragflächen verbunden. Bei den Querrudern liegt das jeweilige Scharnierband oben, bei den Landeklappen auf der Unterseite des Flügels. Tragflächen und Leitwerke werden in silber glänzenden, gepolsterten Folien-Schutztaschen ausgeliefert. Auch für das komplette Seitenleitwerk ist ein entsprechender Transportschutz dabei.

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Die Öffnung der Schleppkupplung.

Der Aufbau
Was den Bau des komplexen Modells betrifft, werde ich hier nur in Kurzform auf Besonderheiten eingehen bzw. den Gesamtaufwand veranschaulichen. Für die an mehr Details interessierten Leser gehen wir erstmals einen neuen Weg! Der Modellsport Verlag bietet die von mir für CARF erstellte deutsche Bauanleitung auf seiner Hompage (www.mfi-magazin.com) als PDF-Datei zum Download an. Sie war auch Basis für die englische Übersetzung, die überwiegend von meinem amerikanischen Klubkameraden Peter Brecker erstellt wurde und die bei CARF auf der Marchetti-Seite ebenfalls als Download zu finden ist. Allerdings konzentriert sich der deutsche Text lediglich auf den Bau! Rechtlich relevante Passagen sind hier nicht eingearbeitet, und die Anleitung wird auch nicht aktualisiert! Somit ist diese Anleitung im rechtlichen Sinn auch nicht verbindlich! Die weitgehend identischen Bilder beider Sprachversionen stammen größtenteils vom Bau meiner Maschine; einige wurden mir vom Modellbaudienst Markus Danz zur Verfügung gestellt. Danke dafür und für die kompetente Beratung! Markus hat reichlich Erfahrungsvorsprung, da er bereits mehrere CARF-Marchetti für Kunden gebaut hatte – unter anderem auch die für Nico Niebergall. Bei der Wahl der einzelnen Komponenten für den Bau des Modells habe ich bewusst auf die von CARF angebotenen bzw. empfohlenen Teile gesetzt. Diese sind erprobt und passen auf Anhieb. Da die SF-260 nahe dem Vorbild ausgebaut werden sollte, war zwangsweise einiges an Zubehör erforderlich (siehe technische Daten). Selbstverständlich lässt sich das Modell auch einfacher und kostengünstiger aufbauen. In diesem Fall würde nicht nur der Preis, sondern auch das Gewicht der CARF-Maschine reduziert.

Die deutsche Bauanleitung  zum Download können sie hier abrufen: www.mfi-magazin.com/marchetti

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 7/2013 des MFI Magazins.

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