Holz statt Schaumstoff »Porter Power«

Eigentlich zählt sich Frederick Winkle zu den Heli-Piloten der jüngeren Generation. Fliegen allerdings hat er im Alter von zehn Jahren mit Flächenmodellen gelernt, mit seinem Vater Gunther als Mentor, der MFI-Lesern schon länger als Autor bekannt sein dürfte. In der heutigen Hubschrauberwelt eines 20-Jährigen sind die fliegenden Schaumwaffeln somit schöne Kindheitserinnerungen; klassische Holzmodelle empfindet er zwar als »kultig«, aber sie sind aus seiner Sicht eher etwas für die älteren RC-Semester. Warum er sich dennoch zum Bau der Pilatus Porter aus dem Aerobel-Holzbaukasten hinreißen ließ, ist im nachfolgenden Bericht zu lesen.

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Um ganz ehrlich zu sein, bedurfte es etwas Überzeugungsarbeit von anderen (älteren) Modellfliegern, bis ich mich der kleinen Porter von Aerobel zugewendet habe. Aber als echter Modellbauer genießt man natürlich auch die Freiheit, einfach mal was ganz Anderes auszuprobieren. In meinem Fall mal wieder ein kleines Flächenmodell, so groß wie die Schaumstoff-Warbirds aus meiner Kindheit, in gewisser Weise immer noch irgendwie vertraut, aber auch ganz neu: Das Modell besteht aus dem Werkstoffklassiker Holz!

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Die Holzteile des Baukastens sind äußerst präzise aus Balsa- bzw. Sperrholzbrettchen herausgelasert und lösen sich fast von selbst aus den einzelnen Trägerplatten. Daneben sind auch viele Kleinteile enthalten.

In meiner Vorstellung erwartete ich eine Menge mühselige Holzbearbeitung und viele verschiedene Holzteile unterschiedlichster Größe, die es einzeln aus vorgestanzten Rahmen herauszuschneiden oder gar zu sägen und anschließend nachzubearbeiten gilt. Doch weit gefehlt.

Schweizer Präzision
Beim Öffnen des aus der Schweiz stammenden Aerobel-Holzbaukasten habe ich nicht schlecht gestaunt, denn beim Anblick des sorgfältig verpackten Inhalts wurde mir schnell klar, dass meine Vorstellungen von einem Holzbausatz weit daneben lagen. Die einzelnen Holzteile sind äußerst präzise aus Balsa- bzw. Sperrholzbrettchen herausgelasert und lösen sich bereits beim Anfassen von selbst aus den Platten. Neben den Holzteilen enthält der Baukasten auch hochwertiges Dekormaterial und viele Kleinteile sowie eine große, bebilderte Bauanleitung. Einziger kleiner Kritikpunkt an dieser Stelle: Anstatt einem kleinen Spornrads liegt lediglich eine mehrteilige hölzerne Rad-Silhouette bei. Hier hätte ich mir ein echtes Rad im Stil der beiden Haupträder gewünscht.

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Mit Bastelmesser und Tablet-PC – so sieht Holzflugzeugbau im 21. Jahrhundert aus!

Dafür macht die umfangreiche Bauanleitung einiges her. Wenig Text und viele Bilder versprechen einen kinderleichten Zusammenbau. Sehr löblich auch, dass die Anleitung in Papierform beiliegt und nicht nur als PDF-Download angeboten wird. Abgesehen vom passenden Retro-Feeling ist es einfach angenehmer, wenn man einen echten den man bei Bedarf auch schnell mal eine Notiz eintragen kann anstatt sich mit aktuellen Updates für den PDF-Viewer herumzuschlagen.

Bastelmesser und Balsastaub
Mit Krepp-Band, Bastelmesser und Bauplan bewaffnet, geht‘s ans Werk. Natürlich wird auch Holzleim benötigt. Ich habe Ponal Express verwendet und bin damit bestens zurechtgekommen. Im weiteren Verlauf des Bauprojekts werden noch ein dünner Filzstift und ein paar Bücher, die als Montagehilfe dienen, sowie ein Bügeleisen benötigt. Das obligatorische Schleifpapier ist bereits im Lieferumfang des Baukastens enthalten.

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Der Aufbau beginnt mit dem kastenförmigen Rumpfmittelteil, das sich innerhalb weniger Minuten zusammensetzen lässt.

Bereits nach den ersten Bauschritten ist meine anfängliche Skepsis gänzlich verschwunden, und Freude macht sich breit: mein erstes Holzmodell! An den nachfolgenden Abenden geht der Bau zügig und ohne Probleme voran – beinahe schon unspektakulär –, und viel schneller als erwartet steht die Zelle im Rohbau auf dem Tisch. Im nächsten Bauabschnitt entsteht das Leitwerk; hier kommt auch zum ersten Mal das legendäre Bügeleisen (in meinem Fall eine ganz gewöhnliche Haushaltsausführung) zum Einsatz, und zwar beim Aufbügeln der Ruderscharniere.

Ausgeklügelte Tragflächenmontage
Nach der problemlosen Montage der Zelle samt Leitwerk komme ich nun zu den Tragflächen des schweizer Fliegers. Spätestens hier muss doch der berühmt-berüchtigte Knackpunkt liegen, den es erfahrungsgemäß immer gibt. Doch wieder gefehlt – selbst die Tragflächen lassen sich ganz simpel und ohne Vorerfahrung im Holzflugzeugbau zusammenbauen. Das sogenannte »Jedelsky-Brettchenprofil« macht eine Folienbespannung überflüssig. Statt dessen kommen zwei 495 mm lange Profilleisten mit zwei ebenso langen Balsabrettchen und ein paar Spanten zum Einsatz. Diese wenigen Bauteile bilden, über ein Mittelstück verbunden, die Tragfläche.

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Beim sogenannten Jedelsky-Brettchenprofil bleibt der Flügel unten offen – das spart Gewicht und Bauzeit. An der vorderen Rippe ist als weitere Montagehilfe eine U-förmige Stütze für die spätere Endmontage vorhanden.

Eine beiliegende Schablone dient beim Flügelbau als Abstandshalter zwischen den Rippen, so dass nicht einmal hierbei gemessen werden muss. Zusätzlich ist die jeweils äußerste Rippe an den Flügelspitzen mit einer hilfreichen Stütze versehen. Dank dieses Tricks nehmen die Flügelhälften beim Verkleben mit dem zentralen Verbindungsstück zwangsläufig die erforderliche V-Stellung ein und bleiben korrekt ausgerichtet auf dem Tisch stehen. Ist der Leim dann gründlich getrocknet, kann der stützende Teil dieser Außenrippe vorsichtig entlang einer Sollbruchstelle abgebrochen werden. Solche simplen und doch ausgeklügelten Montagehilfen gestalten den Zusammenbau der Porter wirklich einsteigerfreundlich!

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der Ausgabe 1/2016 des MFI Magazins.

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